Kinder und Jugendliche sind es gewohnt, sich ständig auf neue Situationen einzustellen (z.B. eine neue Klasse, eine neue Lehrerin, ein neues Hobby). In solchen Momenten verlassen sie sich oft auf das, was sie früher gelernt haben um besser einzuschätzen, was passieren wird. Wie Kinder diese neuen Informationen mithilfe ihrer Erfahrungen verarbeiten hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem davon wie ängstlich sie sind. Allerdings weiß man noch nicht viel darüber, wie genau Ängste diese Lernerfahrungen beeinflussen und welche Rolle dies in der Aufrechterhaltung von Ängsten spielt. Unser Team aus Psycholog:innen und Psychotherapeut:innen möchte mehr über diesen Zusammenhang herausfinden um dazu beitragen die Behandlung Kindern und Jugendlichen mit Ängsten zu verbessern.
Die Teilnahme umfasst 3 Termine (Dauer: je 1.5 - 2 Std.) innerhalb von ca. 4 Wochen. Die Termine werden individuell nach Ihren Möglichkeiten vereinbart.
In einem ersten Telefontermin sprechen wir mit Ihnen über den genauen Ablauf des Projekts und prüfen, ob eine Teilnahme für Sie und Ihr Kind grundsätzlich möglich ist. Falls ja, erhalten Sie und Ihr Kind eine Einladung zur Teilnahme an unserer Studie. Auch bitten wir Ihr Kind und Sie, im Vorfeld einige Fragebögen und kurze Computeraufgaben online auszufüllen. Diese sind wichtig und notwendig, damit wir eine umfassende Diagnostik durchführen können.
Bei dem ersten Termin geht es darum, ob Ihr Kind in verschiedenen Situationen Ängste empfindet (zum Beispiel in sozialen Situationen, bei Begegnung mit Spinnen o.Ä.), wie stark diese Ängste sind und ob weitere Probleme bei Ihrem Kind bestehen. Dafür führen wir mit Ihnen und Ihrem Kind ein sog. diagnostisches Interview durch. Bei diesem Interview werden Fragen zu unterschiedlichen Bereichen gestellt, in denen Probleme auftreten können. Das hilft uns, die aktuelle Situation besser zu verstehen und zu entscheiden, ob Ihr Kind für die Teilnahme an unserer Studie geeignet ist.
Mehr Informationen zu Fragebögen und Interviews
Um einschätzen zu können, wie sich Kinder und Jugendliche fühlen, was sie beschäftigt oder was ihnen leicht oder schwer fällt, setzen wir in unseren Studien Fragebögen oder Interviews ein. Häufig befragen wir auch die Eltern, z. B. danach, ob sie sich Sorgen um ihr Kind machen. Fragebögen werden schriftlich in Papierform oder online ausgefüllt.
Bei einem Interview möchten wir verschiedene Fragen in einem gemeinsamen Gespräch stellen. Hierfür laden wir die Kinder, Jugendliche und/oder Eltern entweder zu uns in die Universität ein oder führen das Interview online per Videokonferenz durch. Die Fragebögen und Interviewverfahren sind keine Tests, in denen es richtige oder falsche Antworten gibt. Es ist vor allem wichtig, dass die Fragen ehrlich beantwortet werden, damit wir eine gute Einschätzung bekommen. Alle Informationen, die wir von Kindern und Eltern erhalten, werden streng vertraulich behandelt.
2. - 3. Termin: Untersuchungstermine
Bei den zwei Untersuchungsterminen geht es darum, besser zu verstehen, wie Kinder und Jugendliche neue und unbekannte Informationen aufnehmen und wie sie diese verarbeiten. Dafür machen wir mit Ihrem Kind zwei Computer-basierte Experimente, bei denen Ihr Kind in einer videospielartigen Umgebung bestimmte Ereignisse vorhersagen muss. Jeder Termin hat eine eigenes Computerexperiment, beide funktionieren jedoch relativ ähnlich. Während der Experimente messen wir den Herzschlag Ihres Kindes, was nicht schmerzhaft ist. Für uns ist die Erfassung des Herzschlags sehr wichtig, weil wir dadurch Hinweise auf körperliche Stressreaktionen erhalten.
Der erste der Untersuchungstermine findet im 18. Stock des Jentowers im Verhaltenslabor des Lehrstuhls für Allgemeine Psychologie und Kognitive Neurowissenschaften statt, da wir für das erste Experiment bestimmte Technik brauchen. In dem Computer-Experiment sieht Ihr Kind eine Konfetti-Kanone auf dem Bildschirm, die mit Konfetti auf einen Kreis schießt. Die Aufgabe Ihres Kindes ist es, einen Eimer so auf dem Kreis zu platzieren, dass möglichst viel Konfetti eingefangen wird um wiederum möglichst viele Punkte zu sammeln. Während der Aufgabe lehnt Ihr Kind auf einer Kinnstütze und eine Kamera misst die Pupillengröße Ihres Kindes. Das ist natürlich völlig schmerzfrei. Die Kamera nimmt nur das Auge auf und die Bilder der Kamera werden nicht gespeichert, nur die Größe der Pupille.
Der zweite der beiden Untersuchungstermine findet bei uns am Lehrstuhl für Klinische Psychologie des Kindes- und Jugendalters statt. Bei diesem Termin macht Ihr Kind eine Computer-Aufgabe, bei dem es eine Person im Wald spielt, die Wasser sammeln muss. Aus einem Busch in der Mitte des Bildschirms springen dabei Raubtiere und ihr Kind muss ein Feuer auf einem Kreis um den Busch platzieren um diese abzuwehren. Je besser es das schafft, desto mehr Punkte bekommt es. Bei diesem Termin messen wir auch den Herzschlag Ihres Kindes, aber nicht die Pupillengröße.
Messung von körperlichen Reaktionen
Menschen haben viele unterschiedliche Gefühle. Dabei reagiert nicht nur unser Gehirn, sondern auch unser Körper auf vielfältige Art und Weise. Unser Körper setzt unsere Gefühle und Gedanken in körperliche Reaktionen um. Solche körperlichen Reaktionen treten bei positiven wie auch bei negativen Gefühlen auf. So hat man z. B. einen schnelleren Herzschlag oder bekommt feuchte Hände, wenn man aufgeregt ist. Oder man fängt an zu zittern oder schneller zu atmen, wenn man Angst hat. Andersherum sind diese körperlichen Reaktionen auch wichtig, da sie uns zeigen, wie es uns gerade geht. Dann beeinflussen unsere Körperreaktionen unsere Gedanken. Wenn wir z. B. im Schwimmbad auf dem 5-Meter-Brett stehen und unser Herz sehr schnell schlägt, können wir denken: „Oh, ich bin aber aufgeregt. Ich habe Angst!“ oder aber „Oh, ich bin aber aufgeregt. Ich freu mich schon zu springen!“.
Auch unser Herz reagiert ganz automatisch, wenn wir bestimmte Gefühle haben. Wenn wir Angst haben oder uns sehr freuen, schlägt es z. B. schneller. Auch können wir durch Messungen an unserem Herzen Hinweise darauf bekommen, wie gestresst ein Mensch ist. Mit Hilfe des "Elektrokardiogramms" (EKG) können wir elektrische Aktivitäten des Herzens messen. Wir können quasi daraus ablesen, wie das Herz arbeitet und sich der Herzschlag verändert.
Hierzu werden kleine Messknöpfe auf die Haut geklebt, was gar nicht weh tut. Mittlerweile benutzen wir auch häufig einen einfachen Gurt, den man um seinen Oberkörper legen kann (alleine oder mit Hilfe). Bei der Testung sitzt dieser dann unter der Kleidung. Die meisten Kinder merken ihn gar nicht.
Im Alltag helfen uns die Augen dabei, Personen oder unsere Umwelt zu erkennen und zu verstehen. Menschen betrachten ihre Umwelt meistens, ohne viel darüber nachzudenken. Für uns ist es jedoch sehr interessant, zu wissen, wohin und wie lange Menschen auf verschiedene Dinge achten. Das gibt uns Hinweise darauf, wohin Menschen ihre Aufmerksamkeit richten. Außerdem kann uns die Pupille des Auges dabei auch viel verraten: Je nachdem, worauf unser Gehirn gerade seine Aufmerksamkeit lenkt, weitet oder schließt sie sich. So kann man schauen, wie unser Gehirn während bestimmter Aufgaben arbeitet. Hierzu nutzen wir kleine Kameras, die in einer speziellen Halterung verbaut sind (sogenannte „Eye-Tracker“). Damit man sich während der Computeraufgaben möglichst wenig bewegt, stützt man sein Kinn auf einer Kinnstütze ab. So kann die Kamera am besten das Auge messen. Das ist völlig schmerzfrei und ungefährlich und man gewöhnt sich sehr schnell daran. Für uns ist es z. B. spannend, ob stark ängstliche Kinder und Jugendliche andere Dinge länger oder häufiger anschauen als Kinder und Jugendliche ohne solche starken Ängste.
Bei den Untersuchungsterminen vor Ort wird die Vortragsaufgabe entweder allein oder mit Unterstützung der Eltern durchgeführt. Hierdurch wollen wir untersuchen, inwiefern dies die Gedanken über die Situation beeinflussen kann.
Abschließend werden wir mit Ihnen die Studienteilnahme nachbesprechen. Auf Wunsch sind wir ggf. bei der Auswahl eines geeigneten Therapieplatzes behilflich.
Durch Ihre Teilnahme an der Studie „Statistisches Lernen bei Kindern und Jugendlichen mit Angststörung“:
Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 17 Jahren mit starken Ängsten und als Vergleichsgruppe mit wenigen Ängsten.
Die Teilnahme erfolgt anonym, d. h. die Daten sind nicht auf Sie und Ihr Kind zurückzuführen. Alle am Projekt beteiligten Mitarbeiter*innen stehen zudem unter Schweigepflicht, d. h. alle Daten verbleiben im Projekt und werden nicht nach außen getragen. Alle Unterlagen werden verschlossen in Schränken bzw. verschlüsselt digital aufbewahrt.
Die Studientermine finden am Lehrstuhl für Klinische Psychologie des Kindes- und Jugendalters und im 18. Stock des Jentowers, am statt. Der zweite Termin findet im 18. Stock des Jentowers, am Leutragraben 1 statt.
Bei Interesse an einer Studienteilnahme oder weiteren Fragen wenden Sie sich gerne per Email unter champ@uni-jena.de oder telefonisch unter +49 3641 9-45995 an uns.
Wir freuen uns darauf, Sie und Ihr Kind kennenzulernen!